Beschwerdebilanz 2022
Trotz
deutlichem Anstieg an Beschwerden verzeichnet der ÖWR weniger
Stopp-Entscheidungen als im Jahr zuvor. Unter den Top-3-Beschwerdegründen
liegen einmal mehr Ethik und Moral sowie Geschlechterdiskriminierende Werbung. Sujetrücknahmen
durch Unternehmen deutlich angestiegen.
Wien,
24.03.2023 – Das Jahr 2022 verzeichnet mit 503
eingegangenen Beschwerden ein deutliches Plus von 90 Fällen im Vergleich zum
Vorjahr. Diese haben zu 264 Entscheidungen (im vgl. 2021: 258) geführt. Trotz
deutlicher Zunahme der Beschwerdeanzahl wurden seitens der Werberätinnen und
Werberäte jedoch weniger Stopp-Entscheidungen (9, im vgl. 2021: 11) getroffen
als im Vorjahr. In 15 Fällen kam es zu Sensibilisierungssprüchen (im Vergleich
2021: 19) und 33-mal wurde mit „Kein Grund zum Einschreiten“ (im Vergleich
2021: 31) bewertet.
„Der neuerliche Rückgang
von Stopp-Entscheidungen, bei gleichzeitigem Anstieg von Beschwerden, zeigt uns,
dass nicht alle Werbemaßnahmen, die seitens von KonsumentInnen als
problematisch erachtet werden, auch tatsächlich einen Bruch mit dem Ethik-Kodex
der Werbewirtschaft darstellen,“ erklärt ÖWR-Präsident Michael Straberger.
„Die hohe Anzahl an
Beschwerden zeigt uns aber auch, dass wir zunehmend das Vertrauen von KonsumentInnen
gewinnen, konnten“, ergänzt Straberger, „umso mehr versuchen wir in unserer
Sprachrohrfunktion bewusstseinsbildend zu wirken.“
Und: „Wir nehmen jeden
Zuruf seitens KonsumentInnen ernst, behandeln diesen entsprechend unseres
Beschwerdemanagements und klären, im Bedarfsfall, über die Hintergründe von
Entscheidungen des Werberates auf“.
Zunehmendes
Verantwortungsbewusstsein der Werbetreibenden Wirtschaft
Die Akzeptanz des
Österreichischen Werberats und die zunehmende Stärke selbstregulierender
Instrumente zeigt sich in der steigenden Anzahl an Sujet-Rücknahmen sowie in
der Durchsetzungsbilanz bei getroffenen Stopp-Entscheidungen.
Entsprechend haben 38
Unternehmen (im vgl. 2021:27) ihre Werbemaßnahmen nach der ersten
Kontaktaufnahme durch die Geschäftsstelle des Österreichischen Werberates
sofort zurückgenommen bzw. abgeändert.
Darüber hinaus wurde in 6 der 9 entschiedenen
„Stopp-Entscheidung“ der Aufforderung des sofortigen Sujetwechsels umgehend
nachgekommen. In drei Fällen wurde die weitere Behandlung entsprechend des
Sanktionskatalogs eingeleitet. In zwei dieser Fälle wurde der Aufforderung nach
der zweiten Fristverlängerung nachgekommen und es
wurde die Rücknahme des beanstandeten Sujets schriftlich bestätigt.
„Die überwiegende Mehrheit der werbetreibenden Unternehmen ist
sich ihrer Verantwortung völlig bewusst und gestaltet entsprechend ihre
Werbemaßnahmen“, ergänzt Straberger, „sollte es dennoch zu Beschwerden von
KonsumentInnen kommen, reagieren nahezu alle betroffenen Unternehmen
kooperativ“.
„Die Aufgabe der Selbstregulierung ist es, dieses breite
Zugeständnis zu ethischen und moralischen Richtlinien auszubauen und somit mit
allen Marktteilnehmern Verantwortung wahrzunehmen. Nur so wird es auf lange
Sicht gelingen, in Österreich sowie im Verbund mit allen europäischen
Werberäten auf EU-Ebenen weiterhin immer wieder drohenden Werbeverboten
entgegenzuwirken“, so Straberger abschließend.
Detailanalyse
- Beschwerdebilanz 2022
Im Jahr 2022 wurden mehr Beschwerden beim
Österreichischen Werberat eingebracht als im Vorjahr. Die 503 (2021: 413) eingetroffenen Beschwerden haben zu 264 (2021: 258) Entscheidungen geführt.
Der Österreichische Werberat forderte in 9 Fällen den „sofortigen Stopp des Sujets bzw. der
Kampagne“ (im Vgl. 2021: 11). In 6 Fällen wurde dieser Aufforderung sofort bzw.
innerhalb der ersten gesetzten Nachfrist nachgekommen und in drei Fällen wurde
die weitere Behandlung entsprechend dem Sanktionskatalog eingeleitet und führte
in zwei Fällen zur Rücknahme der beanstandeten Sujets.
Die Ethik-Kodex-Punkte der Österreichischen
Werbewirtschaft „2.1. Geschlechter-diskriminierende Werbung“, „1.1. Allgemeine
Werbegrundsätze“, „2.2.Kinder und Jugendliche“ und „1.3. Gewalt“ wurden laut
dem unabhängigen Entscheidungsgremium bei den getroffenen Stopp-Entscheidungen
missachtet.
15-mal
lauteten die
Entscheidungssprüche des Österreichischen Werberates „Sensibilisierung – Aufforderung in Zukunft bei der Gestaltung von
Werbemaßnahmen oder einzelner Sujets sensibler vorzugehen“ (im Vgl. 2021: 19).
In 33
Fällen sahen
die Werberäte und Werberätinnen „Keinen
Grund zum Einschreiten“
gegeben (im Vgl. 2021: 31).
Die
größten Aufreger seitens KonsumentInnen waren eine Werbemaßnahme der Stadt Wien
mit 65 Beschwerden, die von den Werberäten und Werberätinnen mit
„Sensibilisierung“ entschieden wurde, jene von Möbelix mit 34 Beschwerden, hier
sprach sich das Gremium ebenfalls für „Sensibilisierung“ aus, und eine
Werbemaßnahme für Neradin mit 30 Beschwerden, die mit „Kein Grund zum
Einschreiten“ bewertet wurde.
Sujet-Rücknahmen
Wie in den Jahren zuvor spiegelt sich die
Bereitschaft zur Kooperation mit dem Österreichischen Werberat in der hohen
Anzahl der sofortigen Sujet-Rücknahmen durch das jeweils betroffene Unternehmen
wider. So haben 38
(!) Unternehmen
(2021: 27) ihre Werbemaßnahmen
nach der ersten Kontaktaufnahme durch die Geschäftsstelle des Österreichischen
Werberates sofort zurückgenommen oder abgeändert.
„Die transparente und dialogorientierte Abwicklung
von Beschwerden schafft zunehmendes Vertrauen“, erklärt ÖWR-Geschäftsführerin
Andrea Stoidl. Denn: „Wir wollen mit und für die Branche agieren. Uns ist wichtig immer zuerst mit
den Werbeverantwortlichen ins Gespräch zu kommen und nach Lösungen zu suchen.“
Nicht
zuständig
zeichnete der Österreichische Werberat in 69 Fällen (im Vgl. 2021: 81). Diese Beschwerden wurden
seitens der Geschäftsstelle auf Zuständigkeit geprüft und mitunter an die
zuständigen Stellen – wie dem Verband für unlauteren Wettbewerb, dem Bundesamt
für Sicherheit im Gesundheitswesen, dem Bundesministerium für Gesundheit oder
auch dem PR-Ethik-Rat oder Presserat – zur weiteren Bearbeitung mit Zustimmung
der Beschwerdeführer/innen weitergeleitet.
Da es sich um keine Wirtschaftswerbung handelte, konnte der ÖWR in 35 Fällen nicht tätig werden. 2 Fälle wurden an die zuständigen Institutionen im Ausland
weitergeleitet, da es sich hierbei um Cross Border Complaints handelte.
Das Verfahren konnte in 24 Fällen nicht abgeschlossen werden, da die erforderlichen Unterlagen und
Informationen seitens der BeschwerdeführerInnen auch nach mehrmaligem
Nachfragen nicht erbracht wurden.
Top3 und weitere
Beschwerde-Gründe
Der Beschwerdegrund „Ethik und Moral“ führt mit 146 Beschwerden (2021:115) das Ranking an.
„Geschlechterdiskriminierende
Werbung“ belegt
mit 116
Beschwerden
(2021:106) den zweiten Platz im Beschwerdegrund-Ranking. Auf Platz 3 rangiert
der Beschwerdegrund „Gewalt“ mit 73
Beschwerden
– eine deutliche Steigerung zum Vorjahr (2021:10).
Somit sind die Top 2 der Beschwerdegründe in den
letzten drei Jahren gleichgeblieben. Die Beschwerdekategorie „Ethik und Moral“
übernahm wie im letzten Jahr die Spitze und löste somit die
„Geschlechterdiskriminierende Werbung“ vom ersten Platz der Vorjahre ab.
Mit dem Grund „Irreführung und Täuschung“ wurden 63
Beschwerden eingegeben – eine Steigerung zum Vorjahr (2021: 59). Der
Beschwerdegrund „Gefährdung von Kindern und Jugendlichen“ ist ebenfalls zum
Vorjahr (2021:15) mit 38 Beschwerden deutlich mehr geworden. 19 Beschwerden
verzeichnet der Beschwerdegrund „Gesundheit“ (2021: 31) und ist somit im
Vergleich zum Vorjahr etwas gesunken.
16 Beschwerden wurden im Beschwerdegrund „Werbung
mit Kindern & Jugendlichen“ gezählt. Im Vorjahr zählte dieser Grund etwas
weniger (2021:10). Insgesamt 6 Beschwerden verzeichnet der Beschwerdegrund
„Rassismus“ (2021: 27) und ist somit im Vergleich zum Vorjahr gesunken.
In den weiteren Beschwerdegründe gab es jeweils weniger als
10 Beschwerden.
Beim Beschwerdegrund „Unlauter Wettbewerb“
verzeichnete der Österreichische Werberat dieses Jahr 6 Beschwerden (2021:5).
Beim Beschwerdegrund „Tierschutz“ wurden 4 Beschwerden (2021:3) vermerkt.
Ebenso wurden 4 Beschwerden bei „Diskriminierung älterer Menschen“ (2021:2)
gezählt. 3 Beschwerden wurden, wie letztes Jahr unter „Tabak und Rauchwaren“
notiert (2021:3). Jeweils 2 Beschwerden gab es 2022 bei den Beschwerdegründen
„Sicherheit“ (2021: 8), „Verletzung von religiösen Gefühlen“ (2021:3) und
„Rechtswidriges Werbeumfeld (2021:9). Rechtswidriges Werbeumfeld meint hier
Werbesujets, die auf illegalen Online-Umfeldern verzeichnet wurden.
Beim Beschwerdegrund „Alkohol“ wurde 1 Beschwerde
(2021:4) gezählt, genauso wie beim Grund „Umwelt“ (2021:2). Dieses Jahr gab es
keine Beschwerde in Bezug auf „Kraftfahrzeuge“ (2021:1) und „Herabwürdigung von
Politikern“ (2021:1).
Werbemedien
Auch
dieses Jahr wurden die meisten Entscheidungen für Werbemaßnahmen im TV getroffen. Insgesamt 77
Entscheidungen (2021: 62) beziehen sich auf TV-Spots.
Mit 49
Entscheidungen für das Medium „Plakat/Citylight“, konnte ein deutlicher Anstieg zum Vorjahr (2021:35) im Bereich der
Außenwerbung verzeichnet werden. Platz drei belegte mit fast gleichbleibender
Entscheidungsanzahl von 34
Entscheidungen das Medium „Social
Media“ (2021:35).
n = 264 Entscheidungen
Stand per 31.12.2022
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Die Kategorie „Website“ liegt mit 23
Entscheidungen auf dem vierten Platz (2021:19). Platz fünf
belegen dieses Jahr mit 18
Entscheidungen die Medien „Radio“ (2021:17) und „Printanzeigen“ (2021:24).
Die Medienkategorie „Flyer/Prospekt“ führte zu 13
Entscheidungen (2021:17). „Verpackungsmaterial“ zählte im Jahr 2022 insgesamt 10
Entscheidungen (2021:12). Der Entscheidungskategorie „Banner“ wurden 8
Entscheidungen zugeteilt (2021:4). 6
Entscheidungen gab es bei „LKW-Werbung“ (2021:11). Jeweils 2
Entscheidungen wurden in den Kategorien „Broschüre“ (2021:6), U-Bahn (2021:1) E-Mail (2021:1) getroffen. Jeweils 1
Entscheidung erhielt das „Direct
Mail“ (2021:4) und „Versandkatalog“ (2021:1).
Die letzten Plätze erhielten die Kategorien „Mobile
Devices“ (2021:3), „Newsletter“ (2021:1) und „Telefon“ (2021:0) mit insgesamt 0
Entscheidungen.
Beschwerden im 8-Jahres-Vergleich
Der 8-Jahresvergleich zeigt den kontinuierlichen
Anstieg an Entscheidungen. Im Jahr 2022 wurden schließlich so viele
Entscheidungen getroffen, wie nie zuvor. Auch der Blick auf eingegangene
Beschwerden zeigt, dass erst einmal in den vergangenen 8 Jahren ähnlich viele
Beschwerden eingegeben und bearbeitet wurden. Abgesehen von einem zunehmenden
Arbeitsaufwand seitens der Geschäftsstelle wird dabei auch die steigende
Bekanntheit der Selbstregulierungseinrichtung sowie das Vertrauen in den
Werberat als kompetente Anlaufstelle deutlich.
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Jahr
2015
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Jahr
2016
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Jahr
2017
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Jahr
2018
|
Jahr
2019
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Jahr 2020
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Jahr
2021
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Jahr 2022
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Eingelangte Beschwerden GESAMT
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248
|
308
|
504
|
316
|
338
|
411
|
413
|
503
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Summe der Entscheidungen
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168
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181
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228
|
194
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206
|
241
|
258
|
264
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„Die Sensibilität der Bevölkerung bei ethischen
Fragen ist hoch wie nie zuvor, umso wichtiger ist ein gut funktionierendes
System der Selbstregulierung. Die Beschwerdeführer fühlen sich mit ihren
Anliegen verstanden und sind auch bereit andere Sichtweisen zu erkennen“, so Andrea
Stoidl abschließend.
Über den Österreichischen Werberat
Der Österreichische Werberat (ÖWR) ist ein
unabhängiges Organ des Vereines „Gesellschaft zur Selbstkontrolle der
Werbewirtschaft“. Der ÖWR fördert mittels freiwilliger Selbstbeschränkung der
Österreichischen Werbewirtschaft das verantwortungsbewusste Handeln der
Werbewirtschaft und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit. Die Zuständigkeit des
Werberates erstreckt sich auf alle Maßnahmen im Bereich Wirtschaftswerbung. Im
Detail hat der ÖWR die Aufgabe Fehlentwicklungen bzw. Missbräuche in der
Werbung zu korrigieren und dient damit sowohl den Konsumentinnen und
Konsumenten als auch verantwortungsbewussten Werbeunternehmen.
Pressekontakt:
Mag.a Andrea Stoidl
M: +43 (0) 664 817 9693
E: andrea.stoidl@werberat.at
W: www.werberat.at