Die neue Stärke der Selbstregulierung

10.03.2021

ÖWR-AUSBLICK 2021 - DIE NEUE STÄRKE DER SELBSTREGULIERUNG

Die Novellierung der AVMD-RL stärkt das System der Selbstregulierung der kommerziellen Kommunikation nachhaltig. Der Österreichische Werberat reagiert darauf mit einer Vielzahl an neuen Initiativen und leitet die Dekade der neuen ethischen Verantwortung mit zahlreichen Projekten ein.

Wien, März 2021 – Das Jahr 2021 begann für den Österreichischen Werberat mit hohem Arbeitstempo: Mussten doch umfangreiche Aufgaben und Auflagen, die mit der Neufassung der AVMD-RL und der damit einhergehenden Gesetzesänderung des KommAustria-Gesetzes in Kraft getreten sind, neu entwickelt und schnellstmöglich umgesetzt werden.

Dazu zählen u.a. die Überarbeitung des Ethik-Kodex, die Erarbeitung eines Sanktionskatalogs oder auch die Einrichtung eines Fachbeirats und umfangreiche Berichtspflichten. Gleichzeitig wird damit die Selbstregulierung der kommerziellen Kommunikation enorm gestärkt und Werbeverboten eine klare Abfuhr erteilt.

„Wir übernehmen die uns zugeschriebenen Mehraufgaben und Verantwortung mit viel Respekt und noch mehr Ehrgeiz“, erklärt ÖWR-Präsident Michael Straberger, „dank unserer seit Jahren aufgebauten Struktur und Akzeptanz in der Werbewirtschaft können wir die neuen richtungsweisenden Anforderungen optimal erfüllen und nun mit noch mehr Kraft Selbstregulierung für die gesamte Werbewirtschaft garantieren.“

„Gerade bei der Durchsetzbarkeit von Entscheidungen kommt uns diese gesetzliche Grundlage sehr gelegen“, ergänzt ÖWR-Geschäftsführerin Andrea Stoidl. Gemeint ist damit vor allem die Nachverfolgung und freiwillige Umsetzung von Stopp-Entscheidungen, im Rahmen derer nun eine gesetzliche Basis geschaffen wurde.

„Im Sinne der sich selbstregulierenden freien Marktwirtschaft unterstützt uns die Novelle enorm und sichert unser effektives System noch besser ab“, so Straberger, „wir verstehen die politisch gewollten und funktionierenden Instrumentarien als von der Werbewirtschaft akzeptiertes Service, korrigierend in wirtschaftliches Agieren einzugreifen, organisatorischen und finanziellen Aufwand für Auftraggeber, Agenturen und Medienunternehmen klein zu halten, aber auch als Entlastung der staatlichen Verwaltung“.

Für 2021 liegen demnach die Arbeitsschwerpunkte in der Bekanntmachung der inhaltlichen und organisatorischen Neuerungen der Selbstregulierung, im Werben für Sichtbarkeit und Committment für ethisch korrektes Werben sowie im transparenten Beschwerdemanagement in der Erfüllung der Vorgaben der europäischen AVMD-RL.


ERSTE UMSETZUNGSSCHRITTE – ÄNDERUNG DES ETHIK-KODEX
Die Änderung des Ethik-Kodex der Werbewirtschaft im Bereich Kinder und Jugendliche für audiovisuelle kommerzielle Kommunikation für Lebensmittel und Alkohol wurde bereits erfolgreich aufgesetzt.

Im Detail umfasst der neue Ethik-Kodex Richtlinien, die unangebrachte audiovisuelle kommerzielle Kommunikation für bestimmte Lebensmittel rund um Kindersendungen betreffen. Diese gelten nun auch für Anbieter von Videoabrufdiensten und Video-Sharing-Plattformen und wurden auf weitere audiovisuelle Kanäle, etwa Videoclips und nutzergenerierte Inhalte, erstreckt.

Dadurch wurde die seit 2010 als Anhang zum Ethik-Kodex bestehende Selbstbeschränkung der Werbe- und Lebensmittelwirtschaft für audiovisuelle kommerzielle Kommunikation für bestimmte Lebensmittel rund um Kindersendungen an die neuen rechtlichen Vorgaben der EU angepasst und in den Ethik-Kodex integriert.

Weitere Verschärfungen und Präzisierungen erfolgten für die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation für alkoholische Getränke im Umfeld von Jugendlichen und für die Bereiche „Gesundheit“ und „Alkohol“ generell. Darüber hinaus enthält der Anhang zum Ethik-Kodex für „Alkohol“ konkrete Selbstbeschränkungen der Brau- und Spirituosenwirtschaft.

Der neue Ethik-Kodex wurde gemeinsam mit den Trägervereinsmitgliedern – unter Hinzuziehung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit - erarbeitet, seitens des Vorstandes abgestimmt, statutenkonform im Februar 2021 beschlossen und im Anschluss veröffentlicht. Entsprechend entscheiden bereits jetzt die Werberätinnen und Werberäte auf Basis des überarbeiteten Ethik-Kodex.

SANKTIONEN ERGÄNZT UND PRÄZISIERT
Die Erarbeitung eines erweiterten Sanktionskatalogs für die Durchsetzung bei Stopp-Entscheidungen sieht auf Basis der Verordnung vor allem eine Dokumentationspflicht für Unternehmen vor. Dazu kommt eine proaktive Veröffentlichung von Stopp-Entscheidungen durch den Werberat, insbesondere dann, wenn Unternehmen der ÖWR-Aufforderung für Kampagnenstopp oder Abänderung nicht Folge leisten.  

„In den vergangenen Jahren haben wir das Mittel des sogenannten „Naming and Shaming“ – also die breite Kommunikation einer Stopp-Entscheidung - kaum angewandt“, berichtet Andrea Stoidl. „Wir haben uns bewusst gegen das öffentliche Anprangern entschieden“. Vielmehr wurde im Sinne der Sprachrohrfunktion des ÖWR eine beratende Position für die werbetreibende Wirtschaft eingenommen. „Bei 90% der betroffenen Unternehmen konnten wir in zahlreichen Gesprächen die Kritik an der betroffenen Kampagne erklären und somit auch die Akzeptanz für die Entscheidungen aber auch für den Ethik-Kodex herbeiführen“.

Und dieses Prinzip wird sich auch in Zukunft nicht ändern. „Wir verstehen uns als erste Anlaufstelle für Unternehmen bei ethischen und moralischen Fragestellungen für deren kommerzielle Kommunikation“, ergänzt Straberger, „die angesprochenen Sanktionen ermöglichen uns aber auch die wenigen Selbstregulierungs-Verweigerer oder Wiederholungstäter zu erreichen, die sich in ihrer Abwehrhaltung womöglich selbst aber auch der Werbewirtschaft gesamt schaden“.

WEITERE UMSETZUNGSSCHRITTE
Die Einrichtung eines Fachbeirats für Lebensmittelwerbung rund um Kindersendungen sowie die erweiterte Berichtspflicht über die Zielerreichung und Wirkungsweise des Werberats stehen ebenfalls im Mittelpunkt der zu setzenden Maßnahmen. „Sowohl für den Fachbeirat als auch für die externe Bewertung des Systems Werberat an sich, konnten wir bereits namhafte Experten aus der Wissenschaft und Lehre sowie der Lebensmittelbegutachtung gewinnen“, zeigt sich Michael Straberger erfreut. Die Gespräche dazu sind im Gange und können in Kürze veröffentlicht werden.


BEWUSSTSEINSBILDUNG IM DIALOG

Abgesehen davon steht das kommende Jahr im Sinne der Bewusstseinsbildung. „Im Rahmen unserer täglichen Arbeit setzen wir bereits seit Beginn an auf den aktiven Gedankenaustausch und den Dialog mit all unseren Stakeholdern“, führt Andrea Stoidl aus, „dadurch erhalten wir stets neue Impulse für die Weiterentwicklung des Systems“.

Besonders gefördert wird einmal mehr der aktive Informationsaustausch innerhalb der Werberäte und Werberätinnen. „Gerade durch unser System der Online-Entscheidungsfindung ist der regelmäßige persönliche Austausch des Gremiums wichtig“, erklärt Straberger weiter. „Entsprechend werden wir dieses Jahr regelmäßige (Online-) Workshops anbieten, um den gegenseitigen Erfahrungs- und Gedankenaustausch zu forcieren“.

Angeboten werden Workshops mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten. Dabei steht der Dialog zwischen den Experteninnen und Experten im Vordergrund. Diese Arbeit in Kleingruppen lieferte bereits in der Vergangenheit wichtige Impulse für die Weiterentwicklung unseres Systems, sei es die Überarbeitung des Ethik-Kodex oder der Verfahrensordnung oder auch Ideen für neue Projekte. Gleichzeitig ist auch die Sensibilisierung des Werberats für aktuelle Fragen gewährleistet.

Darüber hinaus sind mittel- und langfristig  

  • die Durchführung einer Konsumentenstudie über das Image von Werbung (in dieser Form bereits die dritte Folgestudie)  
  • und eine breit angelegte Achtsamkeitskampagne über Vorteil und Nutzen von „Ethik und Moral in der Werbung“ und Selbstregulierung

in Planung.

  

Über den Österreichischen Werberat
Der Österreichische Werberat (ÖWR) ist ein unabhängiges Organ des Vereines „Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirtschaft“. Der ÖWR fördert mittels freiwilliger Selbstbeschränkung der Österreichischen Werbewirtschaft das verantwortungsbewusste Handeln der Werbewirtschaft und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit. Die Zuständigkeit des Werberates erstreckt sich auf alle Maßnahmen im Bereich Wirtschaftswerbung. Im Detail hat der ÖWR die Aufgabe Fehlentwicklungen bzw. Missbräuche in der Werbung zu korrigieren und dient damit sowohl den Konsumentinnen und Konsumenten als auch verantwortungsbewussten Werbeunternehmen.

 

Pressekontakt:
Mag.a Andrea Stoidl
M+43 (0) 664 817 9693 E andrea.stoidl@werberat.at W www.werberat.at