
Sehr geehrte Damen und Herren,
Trotz der zahlreichen Beschwerden über die Werbung zum Potenzmittel NERADIN, die seitens des Werberates allesamt mit nur allgemeinen und unspezifischen Begründungen abgelehnt worden sind, möchte ich noch einmal den Versuch unternehmen, auf die in diesem Werbespot enthaltene Diskriminierung hinzuweisen.
Dies ist am einfachsten durch das folgende Gedankenexperiment möglich. Man stelle sich diese Werbung mit vertauschten Rollen vor.
Zwei unattraktive, weißhaarige ältere Frauen reden über ihr Sexualleben.
Frau A, schüchtern und eher unintelligent wirkend sagt: „Meine Blume blüht nicht mehr!“
Frau B, ebenfalls nicht wirklich attraktiv, darauf erwidernd: „Hmh?“
Frau A weiter: „Mein Tunnel ist verschlossen?“
Frau B: „Ah, deine Quelle sprießt nicht mehr ?“
Dann der entsprechende Produkthinweis.
Als Abschluss meint dann ein attraktiver, gut gebauter dunkelhäutiger und wesentlich jüngerer Mann an der Türe zum Schlafzimmer, in dem eine der unattraktiven Frauen liegend auf ihn wartet:
„Jetzt macht’s wieder Spaß mit ihr“.
Eine Werbung in dieser oder in einer ähnlichen Form würde umgehend verboten und aus dem Verkehr gezogen. Frauenverbände würden Sturm gegen eine solche Werbung laufen. Und das natürlich vollkommen zurecht.
An diesem einfachen Beispiel sieht man, wie diskriminierend und männerverachtend diese Werbung tatsächlich ist. Eine solche Werbung wäre beispielsweise auch im deutschen Fernsehen unmöglich. Warum der Werberat hier nicht aktiv wird bzw. der ORF eine solche Werbung zulässt, ist vollkommen unverständlich.
Entscheidung:
Der
Österreichische Werberat sieht im Falle der beanstandeten Werbemaßnahme von
Neradin (TV-Spot) keinen Grund zum Einschreiten. Entsprechend konnte das
Entscheidungsgremium des Österreichischen Werberats keine diskriminierenden
oder herabwürdigenden Botschaften in Bezug auf Frauen erkennen.
Eine
vorangegangene Entscheidung, die seitens des Gremiums zu diesem TV-Spot
getroffen wurde, bezog sich vorwiegend auf den Aspekt von
Männerdiskriminierung. Auch diese Entscheidung wurde mit keinem Grund zum
Einschreiten bewertet.
Begründung:
Die Mehrheit
der Werberäte und Werberätinnen sprechen sich beim beanstandeten Werbespot von Neradin
in Betrachtung auf eine Herabwürdigung von Frauen für keinen Grund zum
Einschreiten aus.
Der Werbespot
wirbt für das homöopathische Arzneimittel Neradin, welches bei
Erektionsstörungen eingenommen werden kann. Dabei bringt ein Betroffener durch
Methapern wie etwa „meine Rakete hebt nicht mehr ab“ oder „mein Zug fährt nicht
mehr in den Tunnel“, das Problem einem Freund zum Ausdruck. Dieser weist, laut
eigener Erfahrung, auf Neradin zur Abhilfe hin. Bestätigt wird die gewünschte
Wirkung schließlich von einer weiblichen Darstellerin am Ende des Spots mit den
Worten „so macht’s wieder Spaß“.
Es ist
offensichtlich, dass durch die verwendeten Metaphern, welche eine durchaus
gängige Methode der werblichen Darstellung ist, eine Analogie zu weiblichen
Geschlechtsteilen hergestellt wird. Seitens der Werberäte und Werberätinnen
werden jedoch keine verspottenden oder verächtlich machenden Effekte, bezogen auf
Frauen bzw. weibliche Genitalen erkannt.
Vielmehr wird
durch den Spot das Thema Erektionsstörung von Männern in den Mittelpunkt
gerückt. Die Hemmschwelle über dieses Problem zu sprechen, wird durch Methapern
versucht zu umspielen. Eine Verletzung des Ethik-Kodex der Werbewirtschaft kann
dabei nicht erkannt werden, weshalb sich der Österreichische Werberat für keinen
Grund zum Einschreiten ausspricht.
Hinweis: Es gilt anzumerken, dass
eine nicht unerhebliche Anzahl von Werberäten und Werberätinnen eine
Sensibilisierung und in weiterer Folge Abänderung hinsichtlich der verwendeten Metaphern
und Begrifflichkeiten empfehlen. Entsprechend wird die offene Ansprache von
Themen wie Erektionsstörungen und deren Lösungsvorschläge begrüßt, die
verwendeten Begrifflichkeiten jedoch in Frage gestellt.