Sexistische Geschlechterstereotype

14.11.2017


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Entscheidung:
Der Österreichische Werberat sieht im Falle der beanstandeten Werbemaßnahme „Strom aus Biomasse“ des Österreichischen Biomasseverbands keinen Grund zum Einschreiten.

Begründung:

Von der Mehrheit der Werberäte und Werberätinnen wurde bei der beanstandeten Werbemaßnahme keine Verletzung des Ethik-Kodex der Werbewirtschaft erkannt.
Der Beschwerdegrund des Sexismus konnte von der Mehrheit der Werberäte und Werberätinnen nicht nachvollzogen werden.
Im vorliegenden Fall wurde eine Darstellung gewählt, die den Bestimmungen des Ethik-Kodex der österreichischen Werbewirtschaft nicht widerspricht.

Hinweis: Dennoch sprach sich eine nicht unerhebliche Anzahl der Werberäte und Werberätinnen für die Aufforderung in Zukunft bei der Gestaltung von Werbemaßnahmen sensibler vorzugehen aus. Aufgrund dessen rät die Geschäftsstelle des Österreichischen Werberates bei der Gestaltung von zukünftigen Werbemaßnahmen sensibler mit der Verwendung von Geschlechterstereotypen umzugehen.



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Eine gut aussehende Frau wird als diejenige mit der "intelligenten" und "richtigen" Entscheidung dargestellt, während ein stattlicher und weniger gut aussehender Mann als der mit der "falschen" Entscheidung porträtiert wird. Ich würde wünschen, dass die Geschlechterrollen neutral dargestellt werden. Insbesondere sind Männer nicht diejenigen, die auf Strom aus Kernenergie setzen. Gesehen habe ich das auf derstandard.at -- Webseite des Produkts ist http://www.stromausbiomasse.at/


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Der österreichische Biomasseverband wirbt derzeit mit einem jungen und schlanken Fotomodel für Ökostrom. Dem wird gegenübergestellt: Ein Mann mit Bierbauch, der für Atomstrom steht. Die Kampagne läuft auf der Titelseite von www.stromausbiomasse.at sowie als Werbung auf diversen Internetseiten (u.a. orf.at), wobei insbesondere die senkrechten Werbebanner aufgrund anderer Körperausschnitte noch kritikwürdiger sind. Bei Sexismus geht es um die bewusste oder unbewusste Diskriminierung auf Basis des Geschlechts - und zwar aller Geschlechter. Grundlage von Sexismus sind sozial geteilte, implizite Geschlechtertheorien bzw. Geschlechtsvorurteile, die sich in Geschlechterstereotypen, Affekten und Verhaltensweisen zeigen. Ein solches Geschlechtsvorurteil ist die Vorstellung, dass Männer schmutzig, ignorant, ewiggestrig und generell für alles Zerstörerische in der Welt verantwortlich sind, wohingegen Frauen als modern, sauber, aufgeklärt, umweltbewusst und zukunftsorientiert gelten. Die Verbreitung und Förderung solcher Stereotype ist bei weitem kein Kavaliersdelikt und gesellschaftlich mit ähnlichen Gefahren verbunden wie die bereits veraltete Vorstellung, Frauen wären grundsätzlich für Kinder und häuslichen Herd zuständig. Da Sexismus gegen Männer im derzeitigen gesellschaftlichen Klima nicht nur stark im Kommen ist, sondern aufgrund mangelnden Problembewusstseins breite gesellschaftliche Akzeptanz findet, ersuche ich den Werberat, hier auch einmal ein Zeichen zu setzen. Bei Unklarheiten kann man sich zur Veranschaulichung ja einmal eine Umkehrung der Sujets vorstellen: Ein junger, schlanker Mann der den Ökostrom verkörpert, und der Atomstrom in Gestalt einer dicklichen Frau a la "Bridget Jones". Die Hölle wäre los, und nach dreitägigem Shitstorm auf Facebook, bei dem dem Biomasseverband vorgeworfen wird, wissentlich das Körperbewusstsein der weiblichen Bevölkerung zu untergraben, könnte der Biomasseverband wahrscheinlich dauerhaft die Pforten schließen.


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Bereits vor mehr als einem Jahr hat der Werberat empfohlen, dass "stromausbiomasse.at" nicht mehr mit dem Sujet einer jungen, gutaussehenden Frau in starker Pose und festem Blick (steht für "Strom aus Biomasse") und einem eher ungepflegten übergewichtigen Mann in ablehnender Haltung und dümmlich wirkendem Blick (steht für "Atomstrom") Werbung betreiben solle. Sowohl auf der Website des Betreibers als auch als Banner auf derstandard.at ist dieses Sujet wieder veröffentlicht. Ich finde, es ist nun an der Zeit, einzuschreiten. Strom hat nichts mit Geschlechterrollen und vor allem unnötigen -stereotypen zu tun.