Schwer sexistische, sexualisierte und vulgäre Facebook-Werbung

25.10.2017


Bild

Entscheidung:
Der Österreichische Werberat sieht im Falle der beanstandeten Werbemaßnahme des Unternehmens C. die Aufforderung zum sofortigen Stopp der Kampagne bzw. sofortigen Sujetwechsel aus.


Begründung:

Die Mehrheit der Werberäte und Werberätinnen spricht sich für die Aufforderung zum sofortigen Stopp der Kampagne bzw. sofortigen Sujetwechsel aus, da Männer auf entwürdigende und abwertende Weise dargestellt werden.

Die Werberäte und Werberätinnen sind der Auffassung, dass die bildliche Darstellung alleine nicht zu beanstanden wäre, jedoch durch die Verknüpfung mit der schriftlichen Aufforderung „Markiert jemanden der bestimmt schon mal einen vorzeitigen Samenerguss erlebt hat" als diskriminierend zu bewerten ist. In der beanstandeten Werbemaßnahme werden Männer auf ihre Sexualität reduziert und die Thematik des vorzeitigen Samenergusses lächerlich gemacht.

Von den Werberäten und Werberätinnen wird zu bedenken gegeben, dass die Aufforderung eine andere Person zu markieren die bereits einen Samenerguss erlebt hat, die Gefahr von Cybermobbing verstärkt und somit gegen den Grundsatz sozialer Verantwortung verstößt.

Die Werberäte und Werberätinnen sehen einen Verstoß gegen die nachfolgenden Punkte des Ethik-Kodex der Österreichischen Werbewirtschaft:

2.1 Geschlechterdiskriminierende Werbung

2.1.1. Geschlechterdiskriminierende Werbung (sexistische Werbung) liegt insbesondere vor, wenn

e) eine entwürdigende Darstellung von Sexualität vorliegt oder die Person auf ihre Sexualität reduziert wird;

a) Frauen oder Männer auf abwertende Weise dargestellt werden;

d) die Person in rein sexualisierter Funktion als Blickfang dargestellt wird, insbesondere dürfen keine bildlichen Darstellungen von nackten weiblichen oder männlichen Körpern ohne direkten inhaltlichen Zusammenhang zum beworbenen Produkt verwendet werden.

und

1.1. Allgemeine Werbegrundsätze
5. Werbung darf nicht die Würde des Menschen verletzen, insbesondere durch eine entwürdigende Darstellung von Sexualität oder anderweitig diskriminierende Darstellungen.
4. Werbung darf nicht gegen die allgemein anerkannten guten Sitten verstoßen.
1. Werbung soll vom Grundsatz sozialer Verantwortung geprägt sein, insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen vor dem vollendeten 18. Lebensjahr.



Bild

Die Werbung im Anhang wurde auf Facebook angezeigt und wirbt für einen Chia-Samen Drink mit dem Text: "Vorsicht nicht zu stark schütteln! Vorzeitiger CHiA-Samen-Erguss droht.. Markiert jemanden der bestimmt schon mal einen vorzeitigen Samenerguss erlebt hat". Gezeigt wird eine Frau, die kurz davor ist, einen Schluck aus der beworbenen Flasche zu nehmen und mit geöffnetem Mund für den Fotografen posiert (mit im Bild). Das Sujet des "vorzeitigen Samenerguss" hat mit dem beworbenen Produkts nichts zu tun und fällt m.E. unter geschlechterdiskriminierende Werbung (1.1.Geschlechterdiskriminierende Werbung (sexistische Werbung) liegt insbesondere vor, wenn d) die Person in rein sexualisierter Funktion als Blickfang dargestellt wird; e) eine entwürdigende Darstellung von Sexualität vorliegt oder die Person auf ihre Sexualität reduziert wird;). Diskriminiert wird hier sowohl gegen Frauen (im Bild als Objekt des vorzeitigen Samenergusses abgebildet) als auch gegen Männer ("Markiert jemanden der bestimmt schon mal einen vorzeitigen Samenergzss erlebt hat" - der vorzeitige Samenerguss als Tabuthema männlicher Sexualität).


Bild

Auf Facebook wird aktuell eine Werbung der Fa. C. gesponsert in den News-Feed gespült. Zu sehen ist eine Frau, die in die Kamera lächelt, den Kopf verführerisch nach hinten wirft und den Mund leicht geöffnet hat - gleich wird sie genüsslich einen Schluck vom beworbenen Produkt, einem Chia-Samen-Getränk, nehmen. Darüber steht u.a. "Vorsicht [...] Vorzeitiger Chia-Samen-Erguss droht", verbunden mit dem Aufruf, in den Kommentaren einen Facebook-Freund zu markieren, der schon mal einen vorzeitigen Samenerguss erlebt hat. Nun kommt diese Werbung soweit ganz ohne nackte Frauenkörper aus, dennoch ist hier mE klar eine Sexualisierung zu erkennen - die Frau am Bild hat bestimmt noch nie einen vorzeitigen Samenerguss erlebt, weil sie rein biologisch eine Frau ist - vielmehr wird suggeriert, sie hätte, aufgrund ihrer weiblichen Verführungskraft, schon einige vorzeitige Samenergüsse verursacht. So wird die Frau am Bild, obwohl sie ganz angezogen ist und ihre Haltung und Mimik in einem anderen Kontext gar nicht sexuell konnotiert wäre, stark sexualisiert, was für die Bewerbung eines Chia-Drinks wirklich nicht notwendig ist. Zielgruppe der Werbung sind aber auch Männer - schließlich sollen diese markiert und so auf das Produkt aufmerksam gemacht werden. Männer werden in dieser Werbung auf ihre vielgerühmte, angeblich biologisch bedingte und vollkommen "normale" "Triebhaftigkeit" reduziert; die Thematik des vorzeitigen Samenergusses wird nicht mit der nötigen Sensibilität behandelt, sondern vielmehr zur Lachnummer degradiert. Womöglich handelt es sich auch um "awareness raising" für dieses für Männer sensible Thema (vorzeitiger Samenerguss bedeutet immer eine mangelhafte männliche Performance und ist daher unter den hiesigen gesellschaftlichen Bedingungen höchst peinlich und das Sprechen darüber tabuisiert), dann ist es aber reichlich ungeschickt ausgeführt. Ob es damit gelingt, Männer als Zielgruppe für diesen Chia-Drink (Produkte dieser Art richten sich ja oftmals eher an Frauen) zu gewinnen, ist fraglich. Zusammengefasst ist diese Werbung unnötig sexualisiert und aufgrund der Reproduktion von Geschlechterstereotypen schwer sexistisch und jedenfalls verzichtbar.