Werbevideo vergleicht Unternehmer mit NS-Regime

18.03.2020


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Mehrere Unternehmerinnen und Unternehmer haben sich mit folgendem Anliegen höchst verärgert an mich gewendet: Im ORF2 – zwischen OÖ Heute und Zib1 – soll am vergangenen Sonntag, 15. März, folgendes Werbevideo gezeigt worden sein: https://www.youtube.com/watch?v=_EMYccXsHIQ&feature=youtu.be Nicht nur in diesen, für die Wirtschaftstreibenden ohnehin schon äußerst fordernden Tagen, sorgt das Werbevideo zurecht für Unmut. Dieser professionell und hochwertig produzierte Werbespot bewirbt das Bestandsjubiläum die Arbeiterkammer – allerdings mit einem bitteren Beigeschmack: Durch Protagonisten, die als dominante, bösartige, schreiende Arbeitgeber dargestellt werden, von einer Atmosphäre und Darsteller, die der NS-Zeit anmuten und einer Zukunftsvision, die Automatisierung als übermächtigen Feind darstellt. Von einer ungleichen Verteilung von Macht, die von einer Seite missbräuchlich verwendet wird. Um es gelinde auszudrücken: die Arbeiterkammer missachtet mit diesem Video jegliche Grundsätze von Ethik und Moral – nicht nur hinsichtlich der unterschwellig übermittelten Botschaften, sondern insbesondere auch angesichts des gewählten Ausstrahlungszeitpunktes, gerade inmitten des Aufflammens der Corona-Krise zwischen zwei österreichweit wichtigen Nachrichtensendungen. Ich bitte daher den Werberat im Sinne einer sozialpartnerschaftlichen Zusammenarbeit und noch ganz besonders unter Berücksichtig der derzeitigen Krise, die alle von uns vor großen Herausforderungen stellt und die nur gemeinsam bewältigt werden kann, die Ausstrahlung dieses polarisierenden Werbevideos zu stoppen.


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Entscheidung:
Der Österreichische Werberat sieht im Falle der beanstandeten Werbemaßnahme (TV) der Arbeiterkammer keinen Grund zum Einschreiten.

Begründung:
Die knappe Mehrheit der Werberäte und Werberätinnen spricht sich aus folgenden Gründen für keinen Grund zum Einschreiten aus. Der beanstandete TV-Spot veranschaulicht den Kampf für Gerechtigkeit am Arbeitsplatz im historischen Umfeld der letzten hundert Jahre. Die Protagonistin durchlebt zum Teil düstere Zeiten. Im Rückblick ist sie sehr harten Arbeitsbedingungen, in einem diktatorischen Umfeld, ausgesetzt. Letztendlich tritt sie jedoch gestärkt aus den schwierigen Situationen hervor und ist somit bereit, sich diesem Kampf auch in weiterer Zukunft zu stellen. Der Großteil der Werberäte und Werberätinnen kann den Vorhalt, dass es sich hierbei um eine Darstellungsweise, die an das NS-Regime erinnert, nicht nachvollziehen.

HINWEIS: Eine nicht unerhebliche Zahl der Werberäte und Werberätinnen stimmt jedoch für eine Aufforderung zum sofortigen Stopp der Kampagne oder für die Aufforderung bei der Gestaltung von Werbemaßnahmen sensibler vorzugehen. Kritisiert wird dabei die Tatsache, dass gewisse Symbole tatsächlich an das dritte Reich erinnern und ein solcher Vergleich in hohem Maße unpassend sei. Weiters wird zu bedenken gegeben, dass die gewählte Darstellungsweise den Eindruck eines Gegeneinanders (Unternehmer versus Arbeitnehmer) vermitteln könnte statt des Zusammenhalts. Eine Botschaft, die gerade während einer Krise, aber auch in einer Zeit danach, nicht vermittelt werden sollte.