XXXLutz-Werbung "Du sollst immer viel sparen"

04.11.2017


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Schönen guten Tag, soweit ich gelesen habe, wird der Spot des XXXLutz bereits bei Ihnen im Werberat untersucht. Mir persönlich geht es dabei um die humoristische Verwendung und somit der Legitimierung der Aussage "Spar dir den Kommentar, sonst kommst du ins Heim" - von "Vater Putz" zu "Oma Putz". Ich kann in dem Bezug keinen satirischen Anspruch des Spots erkennen, der diese Aussage als "Sozialkritik" legitim erscheinen lässt. Vielmehr wird es meiner Empfindung nach als gängiger Umgang und somit in einem legitimierenden Zusammhang genutzt. Das steht für mich klar im Konflikt mit der Präambel 2.3 Spezielle Verhaltensregeln - Menschen. Aus meiner Sicht verachtet/geringschätzt dies die Selbstbestimmtheit, auf die auch ältere Menschen ein (Menschen!-)Recht haben und charakterisiert daneben die "Institution Pflegeheim" als Drohung, wo wir doch dankbar sein müssen, dass diese Einrichtungen in der Not den überforderten Familien zur Seite stehen können. Es impliziert weiters, dass ältere Mitmenschen bzw. hier "Oma Putz" nichts zum Zusammenleben beizutragen hat, froh sein kann, dass sie geduldet ist - denn "nichts leichter" als sie in ein Heim zu bringen. Das wiederum vermittelt den Eindruck, dass die Entscheidung, ein Familienmitglied in einem Heim betreuen zu lassen, ein trivialer und banaler Akt ist, der nebenher entschlossen und umgesetzt werden kann und darf. Im Sinne eines Stimmungsbildes, ohne es wirklich argumentieren zu können, ist für mich die Aussage "... sonst kommst du ins Heim" genauso ethisch verwerflich, wie sozusagen "die Frau an den Herd zu schicken"... In diesem Sinne, glaube ich, dass der Werbespot in der heutigen Zeit nicht zugelassen und diese Inhalte somit legitimiert werden sollten. Es ist - auch mit Blick auf eine wachsende ältere Bevölkerungsschicht (der wir auch selber angehören werden) - notwendig, mit hohen moralischen Ansprüchen vorzugehen - so wie dies auch in den Fragen der Diversität und Frauengleichstellung absolut unabdingbar war und ist. Man spricht gerne von unseren Kindern und dem "Morgen", ohne denen eine Zukunft nicht möglich ist - wenn man so will, ist "das Morgen" der Vergangenheit, "das Heute". Ohne die Arbeitskraft und den Einsatz unserer älteren Mitbürger, würde wir in einem "Heute" leben, welches sich garantiert von unserer aktuellen Lebensweise unterscheiden würde - die Würde ihrer Leistung, sollte nicht mit dem Pensionsantritt verlöschen. Gerne würde ich auch bei einer entsprechenden Begründungsfindung oder einem "Plädoyer" für den Stop dieses Spots beitragen, sofern das gewünscht ist. Ich bin ehrlich der Überzeugung, dass diese Darstellung verletzend und unethisch ist und sich viele ältere Mitmenschen zurecht darüber kränken (würden). Mit besten Grüßen!


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Entscheidung:
Der Österreichische Werberat spricht im Falle der beanstandeten Werbemaßnahmen „10 Gebote“ des Unternehmens XXXLutz die Aufforderung in Zukunft bei der Gestaltung von Werbemaßnahmen sensibler vorzugehen aus.

Begründung:

Die Mehrheit der Werberäte und Werberätinnen ist der Auffassung, dass die beanstandete Werbemaßnahme hinsichtlich des Ethik-Kodex der Werbewirtschaft, nicht sensibel genug gestaltet wurde.

Von der Mehrheit des Werberat-Gremiums konnte die satirische Überzeichnung in den beanstandeten Werbespots erkannt werden. Dennoch haben die Werberäte und Werberätinnen die Sujets hinsichtlich der Verletzung von religiösen Gefühlen kritisch bewertet. Die Werberäte und Werberätinnen sind der Ansicht, dass Werbung niemanden mittelbar oder unmittelbar in Bezug auf die Religion diskriminieren darf und die Werbemaßnahme dahingehend nicht sensibel genug gestaltet wurde. Vor allem die Bezugnahme auf die 10 Gebote, welche ein zentrales Element dieser Religion darstellen, könnte die Gefühle von gläubigen Christen verletzten.

Des Weiteren haben die Werberäte und Werberätinnen zu bedenken gegeben, dass Werbung soziale Verantwortung trägt und nicht gegen die allgemein anerkannten guten Sitten verstoßen soll.

Die Werberäte und Werberätinnen empfehlen den sensibleren Umgang bei künftigen Werbemaßnahmen, im Speziellen entsprechend der nachfolgenden Kodex-Punkte:

1.2. Ethik und Moral

2. Werbung darf niemanden mittelbar oder unmittelbar diskriminieren oder Diskriminierung fördern, insbesondere aus Gründen des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, der Staatsbürgerschaft, des sozialen Status, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientierung oder sonstiger Gründe.

1- Werbung hat die menschliche Würde und Unversehrtheit der Person zu achten und darf diese nicht verletzten.

1.1. Allgemeine Werbegrundsätze
4. Werbung darf nicht gegen die allgemein anerkannten guten Sitten verstoßen.
5. Werbung darf nicht die Würde des Menschen verletzen, insbesondere durch eine entwürdigende Darstellung von Sexualität oder anderweitig diskriminierende Darstellungen.
1. Werbung soll vom Grundsatz sozialer Verantwortung geprägt sein, insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen vor dem vollendeten 18. Lebensjahr.

HINWEIS: Innerhalb des Entscheidungsgremiums gab es sehr unterschiedliche Sichtweisen in Bezug auf die gewählte Darstellung. So sprach eine erhebliche Anzahl der Werberäte und Werberätinnen die Aufforderung zum sofortigen Stopp der Kampagne bzw. sofortigen Sujetwechsel aus, weshalb die Geschäftsstelle des Werberates zu einer Sujetänderung bzw. Absetzung rät.