Marketing "Greta"

24.10.2017


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Sehr geehrte Damen und Herren!

Wie Sie an meinem Frequent Flyer Status erkennen können, fliege ich sehr regelmäßig mit der Austrian Airlines und bin grundsätzlich auch sehr zufrieden.

Allerdings: Mein letzter Flug von Nizza nach Wien war privat mit meiner Frau und meinen zwei Töchtern (5 und 4 Jahre alt). Auch hier war eigentlich alles in Ordnung, bis auf ein Thema. Meine 5-jährige Tochter bekam von der Stewardess ein Heft "my Austrian: Jet Friends Club" ausgehändigt. Grundsätzlich eine nette Idee. Die ersten beiden Doppelseiten enthielten dann allerdings die Geschichte "Greta kann es kaum erwarten", die vor Sexismus und Rollenklischees nur so strotzt. Ich schließe ein Foto dieser Geschichte hier an. Ich habe diese Geschichte meiner noch nicht Lesen könnenden Tochter sehr verfälscht vorgelesen, also gänzlich abgeändert. Andere Eltern, deren Kinder schon lesen können, haben diesen Luxus nicht.

Zusammengefasst geht es in der Geschichte um Folgendes: Das Mädchen Greta ist sehr traurig. Ihre Mutter muss nämlich jeden Tag die Küche und das Bad offenbar mit solch großen Zeitaufwand putzen, dass sie nur sehr wenig Zeit hat, mit Greta zu spielen. Selbst am Tag der Abreise in den Urlaub muss die Mutter alles blitz blank putzen, bevor sie (die Mutter - wer auch sonst?!) die Koffer packen kann. Deshalb bringt die Mutter ihre Greta zur lieben Freundin Marie. Deren Mutter musste früher anscheinend auch den lieben langen Tag putzen und hatte nie für Marie Zeit. Dann allerdings schaffte sie selbst (oder vielleicht doch der pater familias?) das Wundersystem BWT-Best Water Technology an. Das macht das Wasser offenbar so weich, dass Maries Mutter viel weniger putzen muss (hat irgendetwas mit den bösen Kalkflecken in Bad und Küche zu tun). Deshalb hat Maries Mutter Zeit, die ganze Zeit mit Marie (die offenbar nicht in den Kindergarten geht) zu Spielen. Ein Vater kommt in der Geschichte nicht vor; eine Putzkraft auch nicht.

Ich finde es eigenartig, dass Austrian Airlines solch sexistische Geschichten in ihrer Zeitschrift abbildet, die sie jungen Mädchen aushändigt. Was soll meinen beiden Töchtern damit nahegelegt werden? Dass sie später nicht wie ihre Mutter Ärztin werden können, oder wie ich Rechtsanwalt, oder etwas ganz Anderes wie zB Pilotin (eine solche habe ich bei Austrian Airlines trotz vieler Flüge leider auch noch nicht erlebt), sondern sich ihr Leben neben dem Basteln mit den Kindern auf das Putzen und gelegentliche Packen für den Urlaub beschränken soll?

Ich würde mir in Zukunft wünschen, dass Austrian Airlines hier sensibler vorgeht, sodass die volle Gleichstellung zwischen Mann und Frau in Österreich vielleicht doch nicht erst in 100 sondern vielleicht schon in 50 Jahren eintritt. Wenn aber selbst internationale österreichische Unternehmen wie Austrian Airlines solche Geschichten an junge Mädchen verteilen, bin ich nicht gerade optimistisch.

Beste Grüße


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 Das Unternehmen hat nach unserer Kontaktaufnahme sofort reagiert und die beanstandete Werbemaßnahme abgesetzt. Außerdem hat das Unternehmen zugesichert die beanstandete Werbemaßnahme künftig nicht mehr zu verwenden. 

Unser Beschwerdeverfahren sieht bei einer Rücknahme einer beanstandeten Werbemaßnahme durch das Unternehmen, keine weitere Behandlung der Beschwerde vor, daher wird das Verfahren hiermit abgeschlossen. Der Österreichische Werberat bedankt sich für die rasche Umsetzung und Kooperation.