Magersucht/Anorexie - Nachahmungseffekt (Erwachsene + Kinder und Jugendliche) - Bedrohung der Gesundheit

08.01.2024


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Wir (Therapiezentrum) sind auf die seit kurzem aushängende Werbung der Raiffeisen Stadtbank Wien aufmerksam geworden. Diese bildet eine eindeutig ersichtlich untergewichtige/anorektische Frau ab. Ein solch öffentlich dargestelltes Untergewicht kann bei Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen zu einer Nachahmung führen und zur Entwicklung einer Essstörung beitragen. Die lebensgroßen Plakate befinden sich an einigen hochfrequentierten Orten in Wien (z.B. U-Bahn-Station Schwedenplatz) und sind somit für eine große Anzahl an Menschen sichtbar. In unserer täglichen Arbeit kriegen wir mit, wie Werbung und dargestellte Körperideale oft eine große Rolle für Patientinnen spielen. Die genannte Werbung ist auch schon in therapeutischen Gesprächen aufgekommen. Wir bitten daher um eine Bearbeitung des genannten Falls und erhoffen uns eine verbesserte Darstellung. Mit freundlichen Grüßen,


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Entscheidung:

Der Österreichische Werberat spricht im Falle der beanstandeten Werbemaßnahme des Unternehmens „Raiffeisen“ die Aufforderung in Zukunft bei der Gestaltung sensibler vorzugehen aus.

Der Junge Werberat, bestehend aus 15- bis 29-jährigen SchülerInnen, StudentInnen sowie VertreterInnen der Kommunikationsbranche, erkennt bei dieser Werbemaßnahme keinen Grund zum Einschreiten. Die Entscheidung der Jungen Werberäte und Werberätinnen kann als Trendbarometer über die Sichtweise einer jungen Zielgruppe gesehen werden, hat jedoch keine Auswirkung auf die Entscheidung des etablierten Werberat-Gremiums.

Begründung:

Die eindeutige Mehrheit der Werberätinnen und Werberäte sieht im Hinblick auf die beanstandeten Werbesujets den Ethik-Kodex der Österreichischen Werbewirtschaft, vor allem des Artikels 1.1 Allgemeine Werbegrundsätze, 1.2. Ethik & Moral sowie 1.4. Gesundheit nicht ausreichend sensibel umgesetzt.

Das beanstandete Plakat zeigt eine schwarzgekleidete Dame, die eine schlanke Statur hat. Sie steht auf einem Balkon, von dem man zumindest Teils über die Dächer Wiens blicken kann. Oben rechts findet man das Logo der Raiffeisenbank Wien, darunter den Slogan „‘Mit der Stadtbank habe ich meine Träume verwirklicht.‘ Stadtmensch? Stadtbank.“ und noch weiter unten dann die Botschaft „Wir macht’s möglich.“  

Das Werberatsgremium merkt an, dass es sich in diesem Zusammenhang um ein reales Testimonial, welches selbst Kundin und Geschäftspartnerin der Bank ist, und kein Werbemodel handelt. Die Werberäte und Werberätinnen empfehlen in Zukunft die Personen mittels Name erkenntlich zu machen, um so die Geschichte der Testimonnials nachvollziehbarer zu gestalten. Die Hintergrundinformationen zum Testimonnial sind jedenfalls auf der Website des Unternehmens verfügbar.

Um keinen sozial unverantwortlichen Eindruck hervorzurufen, spricht der Österreichische Werberat die Empfehlung aus, bei zukünftiger Gestaltung von Werbemaßnahmen sensibler vorzugehen.

Eine nicht ausreichend sensible Umsetzung anhand des Ethik-Kodex der österreichischen Werbewirtschaft konnte in nachfolgend angeführten Punkten festgestellt werden:

1.1. Allgemeine Werbegrundsätze

1.1. Werbung soll vom Grundsatz sozialer Verantwortung

1.2. Ethik & Moral

1.2.1. Werbung trägt soziale Verantwortung

1.4. Gesundheit

1.4.3. Es dürfen keine Darstellungen oder Aussagen erfolgen, die ein gesundheitsschädigendes Verhalten oder gesundheitsschädigende Körperformen (zB. Bulimie, Anorexie, Adipositas etc.) insbesondere in Bezug auf Körpergewicht, propagieren.