Bordellwerbung inklusive Getränkegutschein (!!!) mitten im Bezirksblatt Wiener Neustadt

23.09.2014


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Heimat bist du großer Söhne, Heimat bist du gedemütigter Töchter: Bei aller uns allen bereits aufgezwungener Abstumpfung gegenüber allen (Ab-)Arten zutiefst sexistischer und misogyner Werbung für Produkte aller Art muss ich als fühlend und denkend durch die Welt gehender Mensch und Bürgerin dieses Staates seit einiger Zeit doch feststellen, dass es eine neue Qualität in der Ungeniertheit und offensichtlich präsumierten Normalität von Darstellungen geht, die den möglichst idealverkrüppelten (angeblich noch) weiblichen Körper nicht nur als Mittel zum Zweck zum Verkauf irgendwelche Konsumgüter missbrauchen, sondern deren Ziel tatsächlich die Anpreisung des Kaufs zum gefälligen Ge- und Missbrauch eben dieser realen Körper und der unbequemerweise auch noch daranhängenden Menschen ist. Die Ihnen im Anhang übermittelte Anzeige eines Bordells des Wiener Neustädter Vororts Theresienfeld inklusive Getränkegutschein für dasselbige findet sich Lokalteil der aktuellen Ausgabe des Wiener Neustädter Bezirksblattes auf Seite 9, schön mittig platziert, zwischen einer Anzeige der Wirtschaftskammer Niederösterreich („Wir geben Niederösterreich ein Zuhause“), des Schwimmbäder führenden Betriebs „Pool-Oase“ in Wöllersdorf – und einer eine ganze Seite füllenden Anzeige der Landeskliniken-Holding Niederösterreich: „Turnusarzt/Turnusärztin in NÖ - Ihr Karrierestart in einem NÖ Klinikum“. Direkt darüber findet die/der geneigte Leser/in einen Kurzartikel über einen Bankraub, einen ebensolchen über einen von der Polizei erschossenen jungen Mann und die putzigen „5 Fragen aus der Region“, mittels derer die/der geneigte Leser/in ihr/sein Wissen über regionale facts & figures testen kann. Die Frage „Wie viele Mädchen und Buben wachsen in Wiener Neustadt und Umgebung in dem Glauben auf, dass es für einen Mann das Normalste der Welt ist, den Körper einer Frau zum gefälligen Ge- und Missbrauch für die Zeitspanne seiner Wahl zu mieten?“ fehlt hier leider, ebenso die nach der Anzahl der Menschenkaufhäuser, MigrantInnen in der Prostitution, Zwangsprostituierten etc. in der Region. Nötig ist es auch nicht - bei Anblick des Gebotenen und Applikation minimaler Logik lässt sich die Lage auch so ganz gut abschätzen. Dass das gezeigte Sujet in der traurigen Realität unserer Tage in Bezug die konkrete visuelle Ausbeutung des weiblichen Körpers (i.e. nackte Haut und demütigende Posen) weniger krass ausfällt als so manche Joghurtwerbung, macht es natürlich um nichts tragbarer, sondern in seiner schlichten Eindeutigkeit noch ekelhafter und ablehnenswerter. Die Nutzung von Werbeflächen in Publikationen, die offensichtlich die Themen eines durchschnittlichen niederösterreichischen Mittagsgesprächs, also die Mitte der Gesellschaft, repräsentieren sollen, für die Werbung für den sexuellen Gebrauch von Menschen inklusive des Angebots eines Getränkegutscheins (!!!), den die eigentliche Publikation darstellt, ist in einer Art und Weise gefährlich, zynisch und auf verschiedensten Ebenen obszön, die ihresgleichen sucht. Obstinaten Erwachsene, die Prostitution und Freiertum bisher vielleicht doch tatsächlich als eine problematische oder zu problematisierende soziale Erscheinung angesehen haben oder zu deren unmittelbarer Alltags- und Bilderwelt diese bisher schlicht nicht gehörten wird hier ebenso wie Kindern jeden Alters von den Werbeverantwortlichen der Bezirksblätter eine mehr als deutliche Botschaft ins Gesicht gekotzt - Tenor: Liebes Kind: Das hier ist eine Frau. So eine wirst Du eventuell auch mal sein – oder du kaufst dir mal eine, wenn du groß bist - denn: Eine Frau ist: F---fleisch. Eine Frau kann mann kaufen. Das ist ganz normal und schön so und Deine LehrerInnen, KindergärtnerInnen, Eltern, NachbarInnen haben auch ganz und gar nichts dagegen, weshalb Du die entsprechenden Anzeigen auch hübsch mittig platziert, inklusive Getränkegutschein für Papa, im Bezirksblatt deiner schönen Heimatstadt unter den spannenden „5 Fragen aus der Region“ platziert findest. Eine qualifizierte alarmierte und die Dinge klar beim Namen nennende Öffentlichkeit ist für diese barbarische Vergewaltigung und frühestmögliche und immer ungeniertere Verformung des Geschlechterbildes und sexuellen Imaginariums selbst der jüngsten der Söhne und Töchter dieses Landes mehr als überfällig. Mir wäre darüber hinaus aber sehr an einem ernstzunehmenden Diskurs zum Thema gelegen, in dem ernstzunehmend über diese großartige neue "Freiheit" der milliardenschweren Sex- und Menschenhandelsindustrie gesprochen wird und die auf Seiten derer, die es wagen, solch schmutzige Worte wie Ausbeutung, Herrschaftsverhältnis, Menschen- inklusive Frauenwürde (iiih!) und Erziehung zur Partnerschaftlichkeit (bäääh!) in den Mund zu nehmen, nicht nur das Recht zu schweigen beinhaltet. Die Arbeit von Organisationen wie Stop Porn Culture Deutschland und die Publikation von Gail Dines' "Pornland" nun endlich auch im deutschsprachigen Raum sind natürlich eindeutige Schritte in die Richtung dieser längst mehr als überfälligen Debatte, für die es tatsächlich schon 20 nach 12 ist. Sie haben als Werberat eine wichtige Verantwortung, diesen zaghaft beginnenden Diskurs zu unterstützen.


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Das Verfahren wurde eingestellt, da die erforderlichen Unterlagen zur Beurteilung nicht vorlagen.